Ausstellungseröffnung am 15. 3. 2015 im Richard Haizmann Museum

Die Ausstellung „Niebüll im Nationalsozialismus“ wirkte wie ein Magnet auf die zeitgeschichtlich interessierte Bevölkerung der ehemaligen Kreisstadt. Über 320 Besucher kamen zur Eröffnung in das Richard Haizmann Museum. Die Mitglieder des Geschichtsvereins haben in jahrelanger Vorbereitung Fotografien und Gegenstände aus den 30er und 40er Jahren gesammelt und nun ausgestellt. Parallel dazu sind zwei Bücher erschienen: Eine Dokumentation der Ereignisse im Spiegel der lokalen Presse, zusammengestellt von Wolfgang Raloff und eine Befragung von Niebüller Zeitzeugen sowie persönliche Berichte aus der Zeit des Dritten Reiches, aufgeschrieben von Beate und Wolfgang Jandt. In Kürze erscheint eine Sammlung von Briefen, die Dr. Charlotte Heidrich am Kriegsende an ihren Mann schrieb, zusammengestellt von Albert Panten. In seiner Begrüßung schlug Hausherr Dr. Uwe Haupenthal einen Bogen von dem gesellschaftlichen und politischen Hintergrund der NS-Zeit bis zu Richard Haizmann, der im Jahre 1934 als „entarteter“ Künstler nach Niebüll kam. Landrat Dieter Harrsen hob hervor, dass er gern die Schirmherrschaft über die Ausstellung übernommen habe. In seinem Vortrag warnte er vor populistischen Ansätzen, wie sie zum Beispiel bei der Pegida zum Ausdruck kommen, und beschwor die demokratische Ordnung in Deutschland, die nur durch den engagierten Einsatz der Zivilgesellschaft aufrecht erhalten und weiterentwickelt werden könne. Bürgermeister Wilfried Bockholt zeigte sich nach der Lektüre der Zeitungsrecherche von Wolfgang Raloff tief betroffen über die Begeisterung, mit der die Demokratie 1933 zu Grabe getragen wurde, und wie sich alle Vereine und Organisationen bereitwillig der Gleichschaltung unterwarfen. Die Vorsitzende des Geschichtsvereins, Beate Jandt, dankte allen Sponsoren und den Bürgerinnen und Bürgern für ihre Unterstützung. Nur mit ihrem Beitrag konnte die Vielfalt und der enge Bezug auf unseren Kreisort Niebüll erreicht werden. Sie verwies darauf, dass die Fotos und die Zitate aus der Zeitung eine Einheit bildeten. „Wir haben uns vorgenommen, die Bilder und Texte für sich sprechen zu lassen und uns einer persönlichen Bewertung weitgehend zu enthalten. Wir denken, dass der aufmerksame Betrachter sich ein eigenes Urteil bilden wird.“

Die Ausstellung wurde bis zum 3. Mai 2015 gezeigt!

Finnisage am 3. Mai 2015

70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges haben wir mit unserem Projekt „Niebüll im Nationalsozialismus“ den Nerv der Geschichte unserer Stadt getroffen. Diese Ausstellung hatte, den heutigen Tag eingeschlossen, mehr als 2.500 Besucher, darunter 10 Schulklassen: der FPS, der Beruflichen Schule und der Gemeinschaftsschule.

Es kamen Gäste aus ganz Deutschland in unser Museum. Manche Urlauber, die ihre Osterferien hier verbrachten, haben ihren Aufenthalt in unserer Stadt spontan zu einem Ausstellungsbesuch genutzt. Auffällig viele Besucher kamen aus Dänemark, um sich zu informieren. Ihr Interesse hat uns beeindruckt und gezeigt, wie entspannt wir heute miteinander umgehen können.

Viele Besucher waren auf der Spurensuche nach ihrer Familiengeschichte im Dritten Reich. Einige Ältere haben sich und ihre Freunde und Bekannten auf den Fotos wiedererkannt. Sie berichteten freimütig über die Zeit, in der sie Kinder oder Heranwachsende waren. Sie fühlten sich hier nicht als Beschuldigte, die dem System in der HJ oder dem BDM gedient hatten.

Das entspricht ganz und gar unserem Konzept: wir zeigen in Bildern, was hier in Niebüll gewesen ist, wir dokumentieren in Zeitungsberichten die 12 Jahre der Naziherrschaft, aber wir heben nicht den moralischen Zeigefinger.

Es wurde bemängelt, dass wir nichts über die Ursachen und Anfänge des Nationalsozialismus zeigen. Ich erinnere dazu an den Vortrag von Albert Panten am 27. Februar 2014 im Rathaussaal über die „Entwicklung des völkischen Gedankens in Niebüll“ anhand von Beispielen aus der Zeit von 1900 bis 1933.

Uns ist auch bewusst, dass wir eine Reihe von Mitbürgern mit unserem Projekt nicht erreicht haben. Das bedauern wir sehr, aber es ist eine Tatsache, mit der wir leben müssen.

Wir sind jedoch überzeugt, dass die demokratischen Grundlagen der Gewaltenteilung, des offenen Diskurses, der Kompromissfindung, mit anderen Worten, dass der freiheitliche Rechtsstaat uns inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen ist. Dafür treten wir ein, und dafür haben wir letzten Endes diese Arbeit gemacht.

Ich danke jedem Einzelnen in unserem Geschichtsteam für seinen Beitrag an unserem Projekt. Wir haben alle einen persönlichen Gewinn daraus gezogen und unser Wissen erweitert. Den vielen Besuchern danken wir dafür, dass sie unser Angebot angenommen haben.

Beate Jandt

Veröffentlichungen: